Stimmungsschwankungen

“Well, what if there is no tomorrow? There wasn’t one today.”

Stromausfall

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Gestern abend…

fiel der Strom in der zweiten, dritten und vierten Etage aus. In der vierten Etage brannte trotzdem noch das Licht im Flur.

Ich wohne in der vierten Etage und hatte gestern meinen Filmtag. Seitdem ich herausgefunden habe, dass es in Omsk auch Videoverleihläden gibt, bin ich nicht mehr zu bremsen. Den ersten Blockbuster (herrliches Wort, ich wollte es nur mal irgendwo unterbringen – eigentlich wars nur ein ganz kleiner) hab ich gerade noch geschafft. Der zweite Film endete aprubt. Um mich herum wurde es Nacht.

Ich sitze auf meinem Bettrand und schunkel mit den Beinen, denke: Na das wird schon wieder. Ist bestimmt gleich wieder da. Aus dem Treppenhaus höre ich Stimmen.

Kaum ist der Strom weg, werde ich sozial, steige in meine Filzbotten und suche Gesellschaft. Vier Damen und ein Junge – und zwar nur die Damen – unterhalten sich über den Stromlieferanten. Ich bin mir sicher, die haben auch Männer. Aber Strom ist offenbar Frauensache. Der Junge dient als Kerzenhalter.

Sie schimpfen und telefonieren. Das letzte Mal vier Stunden gewartet. Dann vor einer Woche schon angerufen und gefragt, wann mal jemand zum Reparieren kommt. Sie schenken mit noch eine Kerze und drei Packungen Streichhölzer, sagen in einer Stunde ist der Strom wieder da. Dann geht jede zurück in ihre Wohnung.

Ich sitze auf meiner Bettkante und schaukel mit den Füßen. Die Kerze flackert. Es ist stiller als sonst. Ich werde langsam nervös und schaukel meine Beine noch ein bisschen schneller. Die Kerze flackert immer noch. Ich stehe auf und gehe zum Balkon. Gucke raus. Auf der Straße ist es auch dunkel.

Ich lege mich auf das Bett und höre dem Haus beim partiellen Stromausfall zu. Über mir spielen sie fangen. Fersenläufer. Halbwegs rhytmisches Klopfen. Vermutlich vögelt da gerade jemand direkt neben der Wand aus Pappkarton zur anderen Wohnung. Laute Stimmen statt sonst lauter Musik. Das Bild an meiner Wand sieht irgendwie anders aus im Kerzenlicht.

Ich überlege mir Dinge, die ich tun würde, wenn Stromausfall wäre. Ich würde Karten bei Kerzenlicht spielen. Keine Karten da. Ich würde ein Buch bei Kerzenlicht lesen – sind sie damals ja auch nicht dran gestorben. Vielleicht später. Ich würde Tagebuch bei Kerzenlicht schreiben. Total romantische Sachen sind das ja, Christina, denke ich. Aber jetzt ist die Kerze fast runtergebrannt. Und ich habe keine zweite.

Nach einer weiteren halben Stunde im Dunkeln fiept plötzlich wieder die Mikrowelle. Strom da! Strom da! Gott, wie abhängig ich doch bin, denke ich und gucke das Ende vom Film.

Written by Christina

April 17th, 2008 at 1:08 pm

6 Responses to 'Stromausfall'

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  1. Hallo, Christina! Das ist ja eine tolle Geschichte was du hier geschrieben hast;-) und toller ist es dass ich mich genauso fühle (genauso abhängig) wenn bei uns mal auch das Strom ausfällt oder mal kein heisses Wasser mehr gibt… Dann denke ich mir auch wie schön wir uns dran gewöhnt haben… ich errinere mich noch an meine Kindheit… Ich wohnte mit meinen Eltern auf dem Lande. Es war kein Wunder für uns allen dass das Strom mal am Abend ausfällt. Es passierte einfach oft(wahrscheinlich mit diesem ganzem Elektrizitätsystem konnte man nicht so gut in einem Dorf umgehen;-)) Und ich kriegte wirklich Angst wenn es vorkam.Es wurde dann so tod still…und wir mussten alle in Dunkelheit sitzen weil wir keine Kerzen hatten. und es scheinte mir immer wieder dass auf einmal ein Monster von meinem Bett oder aus einem Schrank herauskriecht und…oh Gott…!!!ah nee… und noch schlimmer war es wenn es doch kein Strom einige Stunden nicht gab mussten wir dann schlafen gehen. In solchen Fällen konnte ich nicht einschlafen und bat meine Mutti um mir zu erlauben mit ihr zu schlafen.Und habe immer noch so eine Dunkelphobie.
    Aber das Gute hier ist dass wenn so was passiert hat man eine Zeit um nachzudenken ( jeder denkt an anderes… einige fangen an die Elektriker zu beschimpfen;-) andere denken dann an die Menschengewohnheiten( so global wie du;-) noch welche denken: „ah, ja, das ist ein Zeichen… Ich muss endlich früher schlafen gehen;-) ah so viele Gedanken wie víele es Menschen auf der Welt gibt:-))

    juliania

    17 Apr 08 at 17:28

  2. Ich habe immer eine ganze Kiste mit Kerzen unterm Küchenschrank – jaja, die Nachkriegsgeneration – und bei uns ist fast nie Stromausfall. Einen gepackten Koffer mit den wichtigsten Sachen habe ich aber nicht – nur die Tasche mit den Kameras muss mit – und das liebe kleine MacbookPro… und die Festplatten und die Negative – wer soll das blos schleppen? Viele Grüße

    Joachim aus Halle

    18 Apr 08 at 16:08

  3. viele grüße zurück nach halle – ich hab ja sonst auch alles. nur eben kein macbook und keine kerzen, verdammt. aber man lernt ja aus seinen fehlern.

    bis dann und weiterhin viel spaß beim warten auf den ausfall,

    christina.

    Christina

    18 Apr 08 at 20:07

  4. Hi Christina!
    Das Schwarz hat mich glatt geschockt. Ich fand das vorherige Layout so schön…so schön beruhigend. Und jetzt muß man wieder erstmal suchen, wie wo was steht. Aber gut..dann wirds wenigstens nicht langweilig!
    Und jetzt mal von Stadt zu Stadt…in Tjumen hatten wir bisher noch keinen Stromausfall. Höchstens wir produzieren ihn selber, wenn ich mal aus Versehen den Staubsauger in die kaputte Dose stecke und die Sicherung knallt.
    Aber dafür bleibt bei uns öfter mal das warme Wasser weg. Das hat was…besonders wenn man morgens duschen möchte *grrr*
    So dann…bis denne ganz offiziell hier im Blog 🙂
    Viele Grüße aus Tjumen! Claudi

    Claudia

    19 Apr 08 at 08:32

  5. hallo claudia,
    ich finde das schwarz einfach viel cooler. der schock legt sich schon, keine sorge. das andere theme kam mir irgendwann so tiffig vor. außerdem hab ich gestern einen blog mit dem gleichen layout gesehen und was da drin stand und wie der gemacht war, gefiel mir gar nicht. der effekt war dann wie bei den kindernamen: nee, der soll nicht stefan heißen, ich kenne da einen stefan, der ist so bekloppt, ich will nicht, dass mein kind bekloppt wird.
    nicht dass ich kinder hätte, aber so in etwa war meine reaktion – ich will nicht, dass mein blog bekloppt aussieht 🙂

    viele grüße nach tjumen,

    christina.

    Christina

    19 Apr 08 at 09:03

  6. Da muß ich dir tatsächlich Recht geben! Das Argument ist nicht zu schlagen *lach*
    Aber du hast mich irgendwie angesteckt, ich hab vorhin auch mal bei meiner Blog-Site gesucht und andere nette Layouts gefunden. Ich denke, ich werde auch mal die Kleidung wechseln und was Frisches anziehen 🙂

    Claudia – jetzt zu Hause

    Claudia

    19 Apr 08 at 12:42

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